(Früh-) Kastration

Das eine Katze, die nicht zur Zucht eingesetzt wird, kastriert werden sollte, ist sicherlich unumstritten. Wer eine Kätzin hat, die ständig rollig wird, stundenlang nach einem Kater ruft, und in dieser Zeit wenig frisst, weiss welche Belastung dies für die Kätzin (und auch den Besitzer) ist. Wer einmal mit dem penetranten Uringeruch eines unkastrierten Katers am Vorhang oder Teppich konfrontiert wurde, wird sicher nicht der Meinung sein das man der Natur freien Lauf lassen sollte. Es ist außerdem wissenschaftlich erwiesen, dass kastrierte Kätzinnen seltener an Gesäugetumoren oder Gebärmutterentzündungen erkranken.

Übrigens werden auch Kätzinnen kastriert, und nicht wie allgemein angenommen sterilisiert. Eine Sterilisation ist auf keinen Fall ratsam, da die Katze dadurch zwar unfruchtbar wird, der Geschlechtstrieb mit seinen Begleiterscheinungen bleibt aber erhalten. Die Kätzinnen werden weiterhin rollig und die Kater markieren weiter.

Ab wann ist eine Kastration möglich?

Üblicherweise wird eine Katze zwischen dem 8. bis 12. Lebensmonat kastriert. Früher ging man davon aus, dass eine Kätzin vor dem Eingriff zumindest einmal rollig gewesen sein sollte. Dieses ist seit langem widerlegt, denn es gibt keine medizinischen Gründe dafür. Es ist nicht nötig, die komplette körperliche Entwicklung abzuwarten, da das Wachstum nicht von den Hormonen sondern hauptsächlich von den Genen gesteuert wird.

Unter Frühkastration versteht man die Kastration noch nicht geschlechtsreifer Tiere, im Alter von ca. 3 Monaten oder kurz vor Einsetzen der Geschlechtsreife. Wann die Geschlechtsreife einsetzt variiert stark, daher kann auch eine Kastration zum üblichen Zeitpunkt ab 8 Monaten eine Frühkastration sein. Maine Coon werden in der Regel mit 10-12 Monaten geschlechtsreif, es gibt allerdings Ausnahmen. Ich hatte schon eine Kätzin die mit 5 Monaten rollig wurde, was bei einem zusammenleben mit einem ebenfalls noch nicht kastrierten Kater schnell zu einem ungewollten Wurf führen kann, oder einen Kater der mit 8 Monaten bereits alle Wände "parfümiert" hat. Während der Rolligkeit sollte auf keinen Fall operiert werden, da der erhöhte Hormonspiegel zu verstärkten Blutungen führen kann. Mit einer Kastration vor Eintritt der Geschlechtsreife kann das Risiko einer beginnenden Rolligkeit vermieden werden.

Frühkastration wird nun schon seit Jahrzehnten in vielen Ländern durchgeführt, und auch in einigen Studien untersucht, ohne das negative Auswirkungen bekannt wären.

  • 1972 berichtete M.A. Herron von Texas A&M darüber, dass eine Kastration vor der Geschlechtsreife einen relativ geringen Effekt auf den Durchmesser der Harnröhre bei Katern hat.
  • 1991/92 ergab eine Studie der Winn Feline Foundation, dass Katzen die im Alter von 7 Wochen kastriert wurden, sich schneller erholten als Katzen die im Alter von 7 Monaten oder nach Eintritt der Geschlechtsreife kastriert wurden. Negative gesundheitliche Folgen der Frühkastration wurden nicht beobachtet.
  • Bereits 1989 gab es erste Züchter die ihre Kitten vor Abgabe kastrieren ließen, und auch nach Jahrzehnten keine negativen Folgen davon feststellen konnten.
  • Ich selbst habe seit 2007 die meisten meiner Kitten vor Abgabe mit ca. 3 Monaten kastrieren lassen, ebenfalls mit besten Erfahrungen.

Vorteile einer Kastration mit 3 Monaten:

  • Die Katzen erholen sich deutlich schneller von der Operation. Oft musste ich mich durch einen Blick auf die OP Narbe vergewissern das die Kitten wirklich kastriert waren, so unbeschwert wie sie sich wenige Stunden nach der Operation wieder bewegt haben.
  • Eine riskante Kastration in der Rolligkeit oder beginnendes Markierverhalten bei Katern wird vermieden.

Alle Befürchtungen im Zusammenhang mit der Frühkastration konnten als unbegründet widerlegt werden. Dazu zählt u.a. die Annahme, dass es bei einer Kastration vor der Geschlechtsreife zum exzessivem Wachstum der langen Röhrenknochen (Oberarm und Oberschenkelknochen) kommt. Tatsächlich schliessen sich die Wachstumsfugen nach einer Frükastration später als normal, und die Tiere können somit grösser werden. Die Verlängerung von Oberschenkel, Elle und Speiche wurden von den Besitzern jedoch grösstenteils nicht einmal bemerkt, und falls doch, nicht als störend empfunden.

Besonders bei Katern wird befürchtet, dass die Frühkastration die Entwicklung der Harnwege beeinflusst und es zu vermehrten Entzündungsreaktionen der Harnwege sowie zur Bildung von Harngries kommt. Der Harnröhrendurchmesser früh kastrierter und nicht kastrierter Kater weist jedoch keinen wesentlichen Unterschied auf. Häufigere Harnwegsprobleme konnten bei frühkastrierten Katern nicht beobachtet werden.

Die Stoffwechselaktivität ist durch die Kastration im Allgemeinen verringert, so dass bei Kastraten mit einer stärkeren Zunahme des Körperfettes und damit des Körpergewichtes zu rechnen ist, dies passiert allerdings bei früh und spät kastrierten Katzen gleichermassen, nur zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt.

Die Operation an Jungtieren wird in erster Linie aus Angst vor einem erhöhten Narkoserisiko abgelehnt. Diese Angst ist jedoch nicht angebracht, wenn einige Dinge beachtet werden. So muss das Gewicht grammgenau ermittelt werden. Das exakte Körpergewicht ist für die Berechnung der Dosis der Narkosemittel von Bedeutung, die bei kleinen Patienten genau stimmen muss. Auch ein Verlust der Körperwärme muss bei jungen Patienten mehr beachtet werden. Werden diese Regeln beachtet, ist das Narkoserisiko nicht höher als bei älteren Tieren, ganz im Gegenteil: Bei Jungtieren ist der operative Eingriff übersichtlich, denn es ist nur ein kleiner Einschnitt erforderlich, die breiten Mutterbänder sind relativ fettfrei und die Keimdrüsenbänder noch elastisch. Dadurch ist die Operationsdauer kürzer, so dass auch die Narkose kürzer und somit weniger belastend ist. Insgesamt sind Komplikationen und Blutungen seltener. Es hat sich auch gezeigt, dass junge Kätzchen bereits wenige Stunden nach dem Eingriff wieder wohlauf sind und fast keine Schmerzen zu haben scheinen. Ältere Katzen hingegen brauchen manchmal durchaus ein paar Tage, um sich von der Operation zu erholen.

Teilweise wird befürchtet, dass frükastrierte Kater einen kleineren Kopf behalten. Das ist nicht der Fall, die Unterschiede liegen eher an den Genen als an dem Zeitpunkt der Kastration. Nur Kater die wirklich mehrere Jahre potent waren und gedeckt haben, entwickeln einen "Katerkopf". Ob die Kastration vor Beginn der Geschlechtsreife oder kurz danach durchgeführt wird, macht keinen Unterschied. Der Kater links wurde mit 3 Monaten kastriert, der Kater rechts mit 1 Jahr.

© Dieser Text stammt von Britta Singethan. Er kann gerne auf anderen Seiten veröffentlicht werden wenn dabei ein Hinweis auf die Verfasserin und ein Link zur Homepage angebracht wird.